armenische Kirche

armenische Kirche
armenische Kirche,
 
1) Armenische Apostolische Kirche, die christliche Kirche der Armenier. Sie führt ihren Ursprung auf die Apostel Bartholomäus und Thaddäus zurück. Zum eigentlichen Begründer und Organisator der armenischen Kirche wurde jedoch der Missionar Armeniens, Gregor der Erleuchter (daher auch gregorianische Kirche). Unter seinem Einfluss nahm König Tiridates III. das Christentum an und proklamierte es zur Staatsreligion (nach der armenischen Geschichtsschreibung im Jahr 301), womit die armenische Kirche die erste christliche Staatskirche wurde. Die Bibelübersetzung des armenischen Kirchenvaters Mesrop förderte den nationalen Charakter der armenischen Kirche. Seitdem verkörpert sie für die Armenier die nationale Identität ihres Volkes. Seit 1989 erfolgte die Wiedereinsetzung der Kirche in ihre traditionellen Rechte, die Rückgabe großer Teile ihres Eigentums und die Wiedereröffnung von Kirchen und Klöstern; 1990 begann die kirchliche Reorganisation Bergkarabachs, dessen kirchliche Strukturen in der Aserbaidschanischen Sozialistische Sowjetrepublik unter staatlichem Druck aufgelöst worden waren.
 
Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts faktisch von der byzantinischen Reichskirche getrennt, bildete die armenische Kirche eine eigene, nichtchalcedonische Lehrtradition aus. Die christologische Lehrauffassung wird jedoch nicht als »monophysitisch«, sondern als »miaphysitisch« (eine vereinigte Natur Christi) beschrieben. Zu den liturgischen Besonderheiten der armenischen Kirche gehört die Feier der Geburt Jesu am 6. 1., dem ursprünglichen Geburtsfest (Epiphanias). Die liturgische Sprache ist Altarmenisch. Ausbildungsstätten sind die geistliche Akademie und das Priesterseminar in Etschmiadsin.
 
Die armenische Kirche umfasst zwei Jurisdiktionen (Katholikate): Etschmiadsin und das selbstständige Katholikat von Kilikien (Sis), seit 1929 mit Sitz in Antelyas (Libanon). Beide Katholikate sind seit 1962 Mitglieder des ÖRK. Dem Patriarch-Katholikos aller Armenier in Etschmiadsin (seit November 1999 Karekin II. Nersessian, * 1951) unterstehen 23 Eparchien (Diözesen) in der GUS (5), dem Nahen Osten (4), Europa (7), Nord- und Südamerika (6) und Australien (1) und die armenischen Patriarchate von Jerusalem und Istanbul (rd. 5 000 beziehungsweise 70 000 Gläubige). Dem Katholikos von Kilikien (seit 1995 Aram Keshishian) unterstehen acht Eparchien mit rd. 400 000 Gläubigen im Nahen Osten (2), Iran (2), Griechenland (1), Zypern (1) und den USA (2). Weltweit wird die Zahl der armenischen Christen auf 5-6 Mio. geschätzt. Innerhalb der armenischen Diaspora bilden die Armenier in Nordamerika (rd. 500 000) und Frankreich (rd. 300 000) die größten Gemeinschaften. Für die in Deutschland lebenden Armenier besteht seit 1992 ein eigenes Bistum mit Sitz in Köln.
 
 
Die Kirche Armeniens. Eine Volkskirche zw. Ost u. West, hg. v. F. Heyer (1978);
 L. Heiser: Das Glaubenszeugnis der a. K. (1983);
 J. Petrossian: Die Armen. Apostol. Kirche, in: Der Christl. Osten, Jg. 57 (2002).
 
 2) die Gemeinschaft der mit der katholischen Kirche unierten armenischen Christen; im 18. Jahrhundert aus Unionsbestrebungen hervorgegangen, die 1740 zur Wahl eines katholischen armenischen Patriarchen und nach seiner päpstlichen Bestätigung 1742 zur Bildung des Armenischen Katholischen Patriarchats von Kilikien (Sis) führten. Bedeutsam wurde besonders der nach seinem Gründer Mechithar (* 1676, ✝ 1749) benannte Orden der Mechitharisten.
 
Sitz des Patriarchen ist seit 1928 Beirut; vorher (seit 1867) Konstantinopel. Unter der Jurisdiktion des armenischen katholischen Patriarchen (seit Oktober 1999 Nerses Bedros XIX. [Pierre Tarmouni, * 1940]) stehen drei Erzbistümer im Nahen Osten (Libanon, Irak, Syrien), die armenischen Erzbistümer Istanbul und Lemberg, die armenischen Bistümer in Ägypten (1), Argentinien (1), Frankreich (1), Iran (1) und Syrien (1), das Patriarchatsexarchat Damaskus und das Patriarchatsvikariat Jerusalem. Für Latein— und Nordamerika bestehen Apostolische Exarchate mit Sitz in Buenos Aires und in New York, für Griechenland und Osteuropa Apostolische Vertretungen mit Sitz in Athen und Gümri (Armenien). Heute gehören der unierten armenischen Kirche rd. 360 000 Armenier an.

Universal-Lexikon. 2012.

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